Im Winter verlieren viele Zimmerpflanzen nicht etwa die Blätter, weil es zu kalt ist, sondern weil wir sie ertränken. Klingt paradox? Ist es aber — und ich sehe es jede Saison wieder in Berliner Altbauwohnungen und Münchner Neubauten. Wer seine Pflanzen retten will, sollte zuerst dieses eine Verhalten ändern.
Der Fehler: Zu viel gießen — und warum er so verführerisch ist
Im Sommer ist regelmäßiges Gießen klar: wärmer, heller, mehr Verdunstung. Im Winter bleibt das Gefühl der Verantwortung — also gießen Sie weiter wie gehabt. Doch die Pflanzen stehen in weniger Licht, in kühlerer Ruhephase und verdunsten deutlich weniger. Folge: Wasser bleibt im Substrat, Wurzeln faulen, Pilze und Trauermücken haben Festtagsbuffet.

Wie Sie erkennen, dass Sie zu viel gießen
- Die obere Erdschicht ist dauerhaft feucht oder matschig.
- Blätter werden gelb, stehen schlaff — nicht sonnengestresst.
- Ein muffiger Geruch aus dem Topf; weiße Pilzrasen am Substrat.
- Trauermücken (kleine Fliegen) schwirren über der Erde.
Praktische Schritte: So reduzieren Sie Überwässerung richtig
Ich spreche aus Erfahrung: früher habe ich meine Monstera im Winter genauso bewässert wie im Juli — das Ergebnis war deprimierend. Heute mache ich das so:
- Fingerprobe statt Kalender: Stechen Sie mit dem Finger 3–5 cm in die Erde. Trocken? Gießen. Noch feucht? 3–7 Tage warten.
- Topfwahl beachten: Tontöpfe trocknen schneller als Plastik. Bei starker Überwässerung wechseln — das hilft.
- Drainage sicherstellen: Wasser muss ablaufen können. Wenn kein Loch im Übertopf, beim Gießen den Untersetzer entfernen.
- Boden verbessern: Luftige Mischung mit Perlite oder Lavagranulat reduziert Staunässe.
- Nach unten gießen: Stellen Sie den Topf kurz in eine Gießkanne mit Wasser (Bodenfeuchte durch Aufsaugen), statt von oben zu fluten. So saugt nur so viel Wasser auf wie nötig.
Weitere Winter-Fallen — kurz erklärt
- Radiatornähe: Heizkörper trocknen die Luft aus und stressen die Pflanze. Besser: etwas Abstand, oder Humidifier/Terrakottaschalen auf den Heizkörper.
- Zu dunkle Fensterbank: Viele halten Pflanzen am Südfenster — in Norddeutschland kann das trotzdem zu dunkel sein. Drehen Sie Pflanzen gelegentlich, um gleichmäßige Beleuchtung zu gewährleisten.
- Weiter düngen wie im Sommer: Nein. Im Winter benötigen die meisten Pflanzen kaum bis keine Nährstoffe.

Konkrete Beispiele — was welche Pflanzen brauchen
- Ficus/Benjamina: Weniger gießen, Zugluft vermeiden. Leichter Rückschnitt im Herbst hilft.
- Monstera: Substrat zwischen den Wassergaben deutlich antrocknen lassen.
- Zamioculcas (ZZ-Pflanze) und Sansevieria: Sehr sparsam gießen, ideal für Heizkörpernähe.
- Pilea & Calathea: Höhere Luftfeuchte mögen sie, aber Staunässe vermeiden.
Schnelle Checkliste für den Winterabend
- Fingerprobe machen
- Untersetzer leeren
- Heizkörper-Abstand prüfen
- Lichtlage kontrollieren
- Düngung pausieren
Wenn Sie eine Pflanze retten müssen: Umtopfen in frisches, trockenes Substrat, faule Wurzeln schneiden, dann sparsam angießen. Das rettet oft mehr als jede Wundermittelanwendung aus dem Baumarkt (ja, ich meine Sie, Dehner- und Obi-Regale voller Wundersubstanzen).
Winterpflege ist kein Hexenwerk, sondern Beobachtung. Gießen Sie weniger, beobachten Sie mehr. Ihre Pflanzen werden es Ihnen danken — und Sie werden weniger Trauermücken haben.
Haben Sie eine Winterrettungs-Geschichte oder eine Lieblingspflanze, die im Dezember besonders robust ist? Schreiben Sie es in die Kommentare oder speichern Sie den Artikel für die nächste Gießrunde.









